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Schuldenmanagement bedingt Weitblick

Geschrieben von Winterthur Consulting Group | 15.09.22 14:19

Wir erleben derzeit mehrere sich überlagernde Krisen (Pandemie, Energie, Krieg in Europa/Sanktionen). Inflation ist in aller Munde. Im ersten Halbjahr sind die Kapitalmarktzinsen rasant angestiegen und ein Ende ist kaum abzusehen. Noch ist die Schweizer Wirtschaft erstaunlich robust. Die Szenarien für den Konjunkturausblick bewegen sich aber seit einigen Monaten zwischen Inflation und Rezession. Ob den Notenbanken ein Soft Landing gelingt, kann nicht vorausgesagt werden, auf jeden Fall sind beide Szenarien für die Marktteilnehmer (Private, Unternehmen, öffentliche Hand) unangenehm. Was bedeutet die Situation z.B. für Schuldner wie die Stadt Winterthur.

Die sich überlagernden Krisen erzeugen einen anhaltend hohen Preisdruck und es ist anzunehmen, dass in den kommenden Monaten die Schweizer Inflationsentwicklung weitergehen wird. Nach langen Jahren tiefer und sogar negativer Zinsen müssen sich die Marktteilnehmer auf höhere Inflationsraten und Zinsen einstellen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die geldpolitischen Zügel stark gestrafft und die nächsten Entscheide stehen am 22. September an. Nachdem wir zu Jahresbeginn mit einem Leitzins von -0.75% gestartet sind, rechnet der Kapitalmarkt in 6 Monaten bereits mit Leitzinsen von 1.4% und nachfolgend weiterem Ansteigen.

Die Krisen und anhaltende Teuerung drücken bei den meisten Unternehmen auf ihre Marge und verteuern zu rollende fällige Kredite. Dies trifft auch die öffentliche Hand. Die ZKB weist in Ihrem Swiss-Rating Guide  2022 z.B. für die Stadt Winterthur ausstehende Anleihen von CHF 1.19 Mrd. aus. Alleine von 2023 bis 2028 werden CHF 565 Mio. fällig. Betrachtet man aktuelle Emissionen dürfte das Zinsniveau im Moment bei steigender Tendenz bereits rund 2% höher sein, was das operative Budget mit Millionen-Beträgen belasten dürfte. Bei weiter steigenden Zinsen wird die Last noch höher.


Quelle: ZKB Swiss Rating Guide, Juni 2022, S. 150

Verschärft wird dieser Ausblick durch den Umstand, dass die Stadt Winterthu gemäss kantonaler Statistik für Ende 2021 weitere deutlich über CHF 0.5 Mrd. kurzfristige Verbindlichkeiten ausweist. Für diese Schulden dürfte ein Zinsanstieg am kurzen Ende noch unmittelbarere Auswirkungen haben.

Die Zinserhöhungen der SNB haben zum Ziel, die Wirtschaftsentwicklung abzukühlen und Preisstabilität zu erreichen. Im aktuellen Umfeld dürften Budgetüberschüsse, die einen Schuldenabbau ermöglichen würden, schwierig werden. Es gilt somit auch für die Stadt Winterthur, mit Leadership Ihre Finanzen im Griff zu behalten.

Dr. Ralph Peterli / Rolf Gloor