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Wie robust ist die hiesige (Export-)Wirtschaft?

Geschrieben von Ralph Peterli | 09.07.24 05:23

Anfang Monat berichtet die Volkswirtschaftsdirektion des Kanton Zürich von einer stabilen Geschäftslage bei weiterhin tiefer Arbeitslosigkeit. Die Geschäftslage in der Zürcher Unternehmenslandschaft bleibe robust und in der Industrie hätten sich die Beschäftigungserwartungen nach dem Abwärtstrend der letzten Monate erstmals leicht verbessert. Diese Zahlen können Zeichen der Hoffnung sein, aber korrespondieren sie auch mit dem finanziellen betrieblichen Erfolg, welcher Grundlage für das Steuersubstrat für Unternehmenssteuern ist?

Seit dem Peak der Erholung nach Corona sinken die Wachstumsraten im Welthandel. Auch die exportabhängige Schweiz wächst unter Trend. Nach leicht positivem Netto-Exportwachstum im Q4/24 ist dieses im Q1/24 negativ. Wellershof & Partners machen in ihren aktuellen Charts differenzierte Aussagen zum Schweizer Geschäftsklima: Dieses hat sich in den letzten 3 Monaten bei den Dienstleistungen tatsächlich leicht verbessert. Im Gegenzug verschlechterte sich das Geschäftsklima in der Industrie, im Detailhandel und im Baugewerbe sogar deutlich.

Die Handelskammer und Arbeitgebervereinigung Winterthur ist im Bezirk Ansprechpartnerin für Exporte und damit verbundene Formalitäten und Informationen. Sie unterstützt Unternehmen insbesondere bei der Abwicklung von Zolldokumenten in Länder, die kein Zollfrei-Abkommen haben. Die Umsätze im Tagesgeschäft vermögen kein abschliessendes Zukunftsbild zu zeigen, sie können aber sehr wohl als Trendinformation herangezogen werden. 

Das Carnet ATA-Geschäft bewegt sich wieder auf dem Stand von vor Corona. Dies ist v.a. Zeichen der wieder stattfindenden internationalen Messen, die rege besucht werden. Im Ursprungszeugnisdienst sind die Erträge allerdings klar rückläufig. Diesen Trend haben andere Handelskammern in der Schweiz z.T. bereits letztes Jahr feststellen müssen. Im regelmässigen Dialog unter den Schweizerischen Industrie- und Handelskammern wird die schwierige Situation regelmässig diskutiert und quer durch die Schweiz bestätigt. Der Rückgang ist Ausdruck der angespannten Wirtschaftslage, vor allem der exportorientierten Industrie. Meldungen von Mitarbeiterreduktionen und Verlagerung von Arbeitsstätten häufen sich leider.

Unternehmen auf dem Weltmarkt müssen sich den Wirtschaftszyklen stellen und sie machen dies auch. Um die eigene Handlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten, analysieren sie fortwährend, wägen Alternativen ab und fällen die notwendigen, zuweilen harten Entscheide, um das eigene Ueberleben und/oder das Erreichen ihrer Ziele sicherzustellen. Davon profitiert auch der Staat, denn nur erfolgreiche Unternehmen zahlen Steuern.

Die Einflussfaktoren auf Konjunktur, Wirtschaft und Standortattraktivität sind vielfältig und komplex. Die Politik agiert zumeist sehr weit weg vom unternehmerischen Alltag und kann negative Trends nicht rechtzeitig erkennen. Aufhorchen liess eine kürzlich veröffentliche Analyse von Avenir Suisse, wonach der Kanton Zürich, den schlechtesten Wanderungssaldo von Sitzverschiebungen innerhalb der Schweiz hat.

Dass Winterthur finanziell nicht vom Fleck kommt und die Stadtregierung in Fragen der wirtschaftlichen Standortattraktivität untätig ist, ist hinlänglich bekannt. Nicht einmal der markante Einbruch der Steuererträge juristischer Personen in der Jahresrechnung 2023 hat Wellen geworfen und politische Gegenmassnahmen ausgelöst. Sollten im laufenden Geschäftsjahr die Zahlen tatsächlich schwächer werden, verheisst das nichts Gutes.

Die Konjunktur verläuft traditionell in Zyklen. Unternehmen müssen mit dem steten auf und ab leben und zeitgerecht adäquate betriebliche Entscheide fällen. Es ist aber zu hoffen, dass sich auch die Politik die Frage stellt, was standortspezifische Rahmenbedingungen sind und mit welchen Massnahmen diese verbessert werden könnten.