Trotz der politischen Unsicherheiten wächst die Weltwirtschaft scheinbar unbeirrt um rund 3 Prozent pro Jahr, was auch 2026 so sein dürfte. Fiskalische Massnahmen geben Auftrieb, lassen aber die Schuldenlast der Länder ansteigen und verringern den Ausgabenspielraum in der Zukunft. Das Wachstum in unseren Nachbarländern bleibt aber dennoch schwach. Immerhin wird Deutschland nach zwei Jahren wieder leicht wachsen. In der EU als Ganzes ist das Wachstum aber deutlich besser. Länder in der Peripherie der EU und in den Nicht-Euro-Ländern weisen entsprechend eine stärkere wirtschaftliche Dynamik als unsere Nachbarländer auf. Die USA wachsen robust trotz teureren Importen und leicht steigenden Preisen. China lebt demgegenüber vom Export, während die Binnennachfrage schwach bleibt. Auch in den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt stimuliert der Staat die Wirtschaft kräftig.
Unsicherheit belastet die Wirtschaft
In der Weltwirtschaft ist Unsicherheit die neue Normalität. Seit der Pandemie sieht sich die Schweizer Wirtschaft mit Krisen wie dem Ukraine-Krieg oder der Zollpolitik der USA konfrontiert. Unternehmen passen daher ihre Einkaufsstrategien und ihre Investitionsentscheide an, reduzieren Kosten und überprüfen ihre Innovationsstrategie. Diese Umstellungen führen jedoch oft zu höheren Kosten. Ein Lichtblick stellt die Vereinbarung im Zollkonflikt mit den USA dar, welche immerhin den Wettbewerbsnachteil der Schweiz gegenüber europäischen Ländern eliminieren soll.
Exportsektor unter Druck – Binnenwirtschaft stabil
Der Wind auf den internationalen Märkten bleibt rau. Die Schweizer Tech-Industrie, die Uhrenindustrie, die Textilindustrie wie auch die Chemie-Branche sowie die exportorientierte Lebensmittelindustrie rechnen 2026 mit sinkenden Auslandsumsätzen. Demgegenüber ist bei der Pharma- und der Medizinaltechnik-Industrie von einem anhaltenden, wenn auch abgeschwächten Wachstum auszugehen. Auch die Dienstleistungsexporte sowie Bankgeschäfte, Grosshandel und Tourismus sollten 2026 zulegen. Insgesamt bleibt die Nachfrage nach Schweizer Produkten und Dienstleistungen im Ausland im nächsten Jahr auf hohem Niveau stabil, allerdings mit Gewichtsverschiebungen zwischen den Exportbranchen.
Die Binnenwirtschaft profitiert von verschiedenen Faktoren. Günstige Zinsen und eine hohe Nachfrage stimulieren den Wohnungsbau. Auch wenn der Tiefbau schwächelt, kann der Bau insgesamt zulegen. Gleichzeitig wird er von langwierigen Baubewilligungsverfahren gebremst. Sowohl exportorientierte als auch lokal ausgerichtete Unternehmen erhöhen ihre Ausrüstungsinvestitionen. Auch Dienstleistungen für Unternehmen wie Beratung und Bank- und Versicherungsleistungen steigen. Der private Konsum wird gestützt, weil die Reallöhne nach einer starken Erhöhung 2025 auch im nächsten Jahr steigen. Davon profitieren Detailhandel, Gastronomie und die lokal ausgerichtete Nahrungsmittelindustrie. Weiter legen die Gesundheitsbranche, das Bildungswesen und auch der Transportsektor zu. Der staatliche Konsum wächst stetig.
Abkühlung auf dem Arbeitsmarkt
Der Schweizer Arbeitsmarkt entspannt sich nach Jahren des Arbeitskräftemangels. Firmen finden wieder einfacher geeignetes Personal. Der strukturelle Wandel und die hohe Unsicherheit über die künftige Wirtschaftsentwicklung führen dazu, dass etliche Firmen eine zu hohe Personaldecke aufweisen. Unternehmen verschlanken ihre Prozesse durch Digitalisierung, insbesondere im Dienstleistungssektor und in der Industrie, um im rauen internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Trotz Stellenabbau entstehen viele neue Jobs, sodass die Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr nur leicht von 2,8 auf 3,0 Prozent ansteigt.
Schwächeres BIP Wachstum mit 1,0 Prozent
Die monetären Bedingungen in der Schweiz bleiben gut. Der Leitzins der SNB sollte auch 2026 bei 0 Prozent bleiben. Die Inflation liegt am unteren Ende des Zielbandes der SNB. So lange die Zinsdifferenz zum Euro und zum Dollar erhalten bleibt und die Inflationsraten weiterhin höher sind als in der Schweiz, ist nur mit einer leichten Franken-Aufwertung zu rechnen. economiesuisse erwartet für das nächste Jahr einen Franken-Euro-Kurs von durchschnittlich 0,91.
Das Wachstum des Bruttoinlandprodukts in der Schweiz fällt 2026 mit 1,0 Prozent (nach 1,2 Prozent in diesem Jahr) schwächer aus. Die Inflation bleibt auf tiefem Niveau mit 0,4 Prozent im Jahresdurchschnitt 2026.
Annahmen des Basisszenarios und Konjunkturrisiken
Das Basisszenario geht von anhaltenden, aber nicht sich weiter akzentuierenden geopolitischen Spannungen aus. Weil Unsicherheit die neue Normalität darstellt, können leicht Abweichungen vom Basisszenario entstehen. Vor allem die weltwirtschaftliche Entwicklung ist ungewiss. Weitere Eskalationen bei den Handelskonflikten sind möglich. Auch der Ausgang des Ukraine-Kriegs oder des Nahost-Konflikts ist offen. Eine grosse Unsicherheit geht zudem davon aus, wie sich die Kurse an den Börsen entwickeln. Die Bewertungen sind hoch, die Verschuldung vieler Akteure inklusive der Staaten ist sehr gross. Kurseinbrüche hätten starke Auswirkungen auf den Konsum vor allem in den USA, auf Investitionsentscheide von Unternehmen und würden die internationale Konjunktur und damit die Exportaussichten der Schweiz trüben.
In unserer Umfrage geben 28 Prozent an, dass die Handelskonflikte aus ihrer Sicht das grösste Konjunkturrisiko darstellen. Auch die Unsicherheit wird von 16 Prozent und geopolitische Spannungen von 13 Prozent als Risiko erwähnt. Wie die Abbildung zeigt, sind viele Unternehmen der Ansicht, dass die Nachfrage unerwartet sinken könnte. Ebenfalls für fast ein Fünftel der Umfrageteilnehmer ist Bürokratie und die Überregulierung ein Wachstumshemmnis. Im Vergleich zu früheren Umfragen deutlich weniger als Konjunkturrisiko genannt werden hingegen Wechselkurs, Energie- und Rohstoffpreise, Lieferketten und auch der Arbeitskräftemangel.
Leiter Wirtschaftspolitik & Aussenwirtschaft, Chefökonom, Stv. Vorsitzender der Geschäftsleitung
Projektleiter Wirtschaftspolitik & Bildung