Die geopolitischen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen den USA und verschiedenen Handelspartnern verschärfen sich – und mit ihnen die Zollpolitik. Im Rahmen eines Webinars der Zürcher Handelskammer in Zusammenarbeit mit PwC Schweiz wurden die jüngsten Entwicklungen rund um die neuen US-Zölle erläutert und Handlungsmöglichkeiten für Unternehmen aufgezeigt.
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Neue US-Zölle im Überblick
Die US-Regierung hat am 7. August 2025 neue, teils drastische Zollmassnahmen in Kraft gesetzt. Besonders betroffen sind:
Schweiz: Zusatzzölle von 39 % auf bestimmte Warengruppen.
EU: Einheitlicher Zollsatz von 15 %, u.a. für Autos, Autoteile, Pharmazeutika und Halbleiter (ausgenommen Stahl, Aluminium, Kupfer).
Indien: Zölle von 50 % aufgrund des Imports von russischem Öl.
China: Ende des Zoll-Waffenstillstands am 12. August; neue Verhandlungen laufen bis November 2025.
Kanada und Mexiko: Vorläufige Sonderregelungen im Rahmen von USMCA mit 0 %-Zöllen auf konforme Produkte.
Rest der Welt: „Basiszoll“ von 10 %.
Zusätzlich wurden sektorspezifische Zölle eingeführt, etwa 50 % auf Stahl, Aluminium und Kupfer sowie 25 % auf Fahrzeuge. Weitere Sektoren – darunter Pharmazeutika, Halbleiter und Holzprodukte – könnten folgen.
Ende der „De-minimis-Regel“
Ein besonders einschneidender Schritt: Seit dem 29. August 2025 entfällt die Ausnahme für Kleinsendungen unter 800 US-Dollar. Unternehmen aus der Retail-, Fashion- und E-Commerce-Branche sind dadurch direkt betroffen. Statt vereinfachter Verfahren gelten nun je nach Herkunftsland fixe Zusatzzölle von 80 bis 200 US-Dollar pro Artikel.
Was bedeutet das für Schweizer Unternehmen?
Wie die PwC-Experten Simeon Probst (Partner) und Christina Haas Bruni (Senior Manager) betonten, ist die „Nationalität“ der Ware entscheidend – sprich: der nicht-präferenzielle Ursprung. Auch Produkte, die in der Schweiz exportiert werden, können unter höhere Zollsätze fallen, wenn deren Bestandteile aus Drittstaaten stammen.
Unternehmen sollten daher umgehend:
Zolltarifnummern prüfen und gegebenenfalls neu klassifizieren.
Warenursprung und Wertansätze überprüfen – mit Blick auf mögliche Optimierungen.
Duty-Deferral-Optionen wie Zolllager oder Freihandelszonen nutzen.
US-Content-Analysen durchführen, insbesondere bei Stahl-, Aluminium- oder Kupferanteilen.
Transfer-Pricing-Modelle überdenken – u.a. durch Preisaufspaltung („Unbundling“) oder First-Sale-Methoden.
Kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen
Die Referenten empfahlen ein dreistufiges Vorgehen:
Kurzfristig: Ad-hoc-Massnahmen ergreifen, um aktuelle Lieferungen abzusichern und Liquiditätsrisiken zu reduzieren.
Mittelfristig: Prozessanpassungen vornehmen, etwa durch neue Lieferkettenmodelle oder Anpassung der Klassifizierung.
Langfristig: Strategische Rebalancierung der Wertschöpfungskette, Standortentscheidungen und nachhaltige Resilienzplanung.
Einrichtung eines „Tariff Taskforce“
Ein wirksamer Ansatz ist die Bildung eines interdisziplinären Tarif-Taskforce-Teams. Dieses sollte Experten aus den Bereichen Zoll, Finanzen, Recht, Operations und Marketing vereinen, klare Entscheidungsbefugnisse haben und direkt an die Unternehmensleitung berichten.
Fazit
Die neuen US-Zölle sind für Schweizer Unternehmen eine erhebliche Herausforderung – gleichzeitig eröffnen sie die Möglichkeit, Lieferketten und Zollstrategien grundlegend zu überdenken. Wer jetzt schnell reagiert, kann Kosten sparen, Wettbewerbsfähigkeit sichern und langfristig gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Weitere Informationen: siehe Webseite der Zürcher Handelskammer