Interview mit Thomas Schoch nach dem Verkauf von Schoch Vögtli.

01.09.22 16:57

Jedes Jahr veräussern in der Schweiz unzählige Unternehmer ihren Betrieb. Vor wenigen Monaten hat ein im Raum Winterthur ansässiges Unternehmen durch den Verkauf Schlagzeilen gemacht: Die Handelsgruppe Competec (prominentestes Unternehmen der Firmengruppe: BRACK.CH) übernimmt 100 Prozent der Aktien von Schoch Vögtli, einem auf den Grosshandel von Büro- und Schulmaterial spezialisierten Unternehmen mit Sitz in Seuzach. Wir haben mit dem langjährigen CEO und mittlerweile HAW-Einzelmitglied, Thomas Schoch, über den erfolgreichen Firmenverkauf und dessen Konsequenzen gesprochen. 

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Thomas Schoch, langjähriger CEO und Inhaber von Schoch Vögtli.

Jedes Jahr veräussern in der Schweiz unzählige Unternehmer ihren Betrieb. Bis dahin herrscht häufig eine angewöhnte Unternehmer-Routine: Vorhandene Vertriebswege am Laufen halten, neue Marketingkanäle erschliessen, die Beschaffung der angebotenen Produkte sicherstellen und sich durch immer neue rechtliche, meist bürokratische Vorgaben kämpfen; der Gewinn wird häufig nur zum Teil ausgezahlt, verbleibt primär für Investitionen im Unternehmen. Mit einem Mal ist all das Geschichte – den üblichen Vertrag zur Beratung nach dem Eigentumsübergang einmal aussen vor.

Herr Schoch, herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Verkauf der Schoch Vögtli AG an die Competec-Gruppe. Die Kommunikation der Übernahme liegt schon über ein halbes Jahr zurück – was hat sich für Sie in dieser Zeit am meisten für Sie geändert?

Als Unternehmer steht man immer unter Spannung. Das Kopfkino läuft pausenlos, leider auch oft in der Nacht. Am meisten hat sich so für mich meine Schlafqualität verbessert. Aber natürlich ist es auch schön mal die Verantwortung abzugeben. Dafür ergeben sich nun neue spannende Projekte und Ideen. Natürlich geniesse ich auch mehr Zeit für die Familie und meine Hobbys zu haben. Unterdessen habe ich ein Büro am Neumarkt 15 im Zentrum der Stadt Winterthur bezogen und freue mich von hier aus meine neuen Projekte loszutreten.

Sie bezeichneten die Competec-Gruppe als «Wunschpartner» für den Verkauf, wie sieht diese Partnerschaft genau aus?

An der Übernahme waren mehrere grössere nationale und auch internationale Unternehmungen interessiert. Mir wurde aber rasch klar, dass ich eine schweizerische Lösung bevorzuge, bei der ähnliche Werte wie die unseren gelebt werden. Schon in den ersten Gesprächen mit dem CEO Martin Lorenz und dem Inhaber Roland Brack hat die Chemie gestimmt.

Für die Competec Gruppe war auch klar, dass sie alle Mitarbeitenden übernehmen möchten. Schön ist natürlich, dass die Gruppe sehr erfolgreich und in den letzten Jahren stark gewachsen ist. Dies gibt für unser Team tolle Perspektiven. Aber auch die Kunden können in Zukunft von einem riesigen Sortiment und einem sehr umfassenden B2B-Angebot profitieren.

Dass das Lager von Schoch Vögtli ins Logistikzentrum Willisau von Competec integriert wird, ist bereits bekannt. Doch was heisst die Übernahme für die Mitarbeitenden im Raum Winterthur?

Allen unseren Mitarbeitenden in Aarburg wurde eine Aufgabe in Willisau oder Mägenwil angeboten. Der Umzug wird Anfang September dieses Jahres stattfinden. Competec bleibt aber auch in der Region Winterthur. Für die Ausfahrtlogistik wurde bereits eine Räumlichkeit in Pfungen gefunden. Für die Büroarbeitsplätze wird aktuell noch nach Lösungen gesucht. Es könnte aber durchaus sein, dass wir noch näher nach Winterthur rücken. Die Competec-Gruppe ist aber auch bezüglich Homeoffice sehr fortschrittlich. So können Mitarbeitende bis zu 100% von zu Hause aus arbeiten, wenn es die Tätigkeit erlaubt.

Für mich bedeutet dies, dass ich für die Liegenschaft in Ohringen einen neuen Mieter suchen darf. Natürlich würde ich mich über Interessenbekundungen aus dem Kreise der HAW-Mitglieder sehr freuen.

Welche unternehmerischen Herausforderungen sehen sie bei der Übergabe an die neue Besitzerin?

Die richtige Kommunikation ist sicherlich die grösste Herausforderung. Die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen Zielgruppen in der richtigen Tonalität zu überbringen ist nicht einfach. Insbesondere, da eine solche Integration ein sehr komplexes Projekt ist, in welchem am Anfang noch sehr vieles unklar ist und es deshalb auf einige brennende Fragen noch keine Antworten gibt. Dies löst natürlich bei Mitarbeitenden und Kunden gewisse Unsicherheiten aus. Die Competec-Gruppe verfügt aber über gute Kommunikationsmittel und -Kanäle. Die interne und externe Kommunikation sind so sichergestellt.

Auf der Kundenseite erhalten wir sehr viele positive Reaktionen. Insbesondere die Kunden mit professionellen Einkaufsstrukturen sehen das grosse Potenzial in der Zusammenarbeit mit Competec. In der Region Winterthur gibt es aber Kunden, die Wehmut verspüren. Daher werden wir auch die lokale Verankerung weiter pflegen. Nicht zuletzt mit unserem Standort in Winterthur, aber natürlich auch mit aktiven Mitgliedschaften in Verbänden wie der HAW und der Fortsetzung des Sponsoring des KMU Forums.

Neu nehmen Sie Einsitz in den Verwaltungsrat der Competec-Gruppe, die letztes Jahr einen Umsatz von über einer Milliarde Franken erwirtschaftet und mehr als 1000 Mitarbeitende beschäftigt. Wie verändert das ihren Arbeitsalltag?

Ich bin ja bereits aus verschiedenen Mandaten an die VR-Arbeit gewohnt. Dieses Mandat ist aber natürlich eine besonders spannende Herausforderung. Einerseits durch die Grösse des Unternehmens, aber vor allem auch aufgrund der Komplexität. Die Competec-Gruppe besteht ja nicht nur aus BRACK.CH, sondern auch aus Alltron, MEDiDOR, Jamei und DayDeal.ch. Diese Marken sind in verschiedenen Branchen und verschiedenen Handelsstufen aktiv. Mein Fokus wird aber sicherlich auf dem wichtigen Zweig BRACK.CH Business liegen, wo ich mein B2B-Know-how einbringen kann. Weiter werde ich im Strategie-Ausschuss tätig sein.

Was vermissen Sie am meisten an der Funktion als CEO eines KMUs?

Natürlich primär den Kontakt mit Mitarbeitenden und Kunden. Ein KMU ist geprägt durch kurze und direkte Entscheidungswege. In den Jahren bei Schoch Vögtli haben sich viele Freundschaften mit Mitarbeitenden und Kunden gebildet. Ich hoffe, doch einige dieser Freundschaften auch in Zukunft aufrechterhalten zu können.

Schliesslich noch eine Frage zu Winterthur. Wo sehen sie als erfolgreicher Unternehmer die grossen Herausforderungen des Wirtschaftsstandorts?

Anstatt von Herausforderungen, spreche ich viel lieber von Chancen. Winterthur hat ein riesiges Potenzial: Wir sind im wirtschaftlichen Zentrum der Schweiz, mit Nähe zum Flughafen und zu allen wichtigen Infrastrukturen. Mit der ZHAW haben wir eine tolle Hochschule direkt vor Ort, aber auch die ETH oder die Uni St. Gallen sind innerhalb von nur 30–40 Minuten erreichbar. Durch diese Bildungsnähe ist Winterthur unterdessen zu einem Startup-Mekka geworden. Wollen wir dieses Potenzial in Zukunft in der Region Winterthur halten, müssen wir achtgeben, dass wir uns nicht überregulieren. Somit komme ich doch noch zu den Herausforderungen: Die Stadtverwaltung ist deutlich stärker gewachsen als die Einwohnerzahl. Leider ist dies nicht durch eine höhere Effizienz zu spüren, sondern eben durch mehr Regulierung. Auch muss die Verkehrsinfrastruktur weiter optimiert werden; Neuhegi ist nun durch private Investoren fast fertig gebaut – die Stadt hat es aber immer noch nicht geschafft, dieses so wichtige Wirtschafts- und Wohngebiet vernünftig an den Verkehr anzubinden. Ich vermisse heute die traditionelle Winterthurer Konsensfindung über die Parteigrenzen hinaus. Anstatt gute Lösungen zu suchen, wird dogmatische Parteipolitik betrieben.

Welche beruflichen oder persönlichen Herausforderungen möchten Sie noch angehen?

Mitte Jahr bin ich definitiv aus der operativen Verantwortung ausgeschieden und habe ein Büro im Zentrum der Stadt Winterthur am Neumarkt 15 bezogen. Nun habe ich mehr Zeit, mir Gedanken über die Zukunft zu machen. Mit 52 fühle ich mich noch etwas jung, um in Frühpension zu gehen. Sicherlich werde ich meine Engagements in Startups noch weiter ausbauen. Ich kann mir aber gut vorstellen, auch wieder etwas «anzureissen». Schön ist es auch etwas mehr Zeit für die bestehenden VR-Mandate zu haben. Natürlich freue ich mich auch über neue, spannende Mandate wie dieses im Verwaltungsrat der Technopark Winterthur. Ich habe auf jeden Fall keine Angst, dass es mir langweilig wird.

Persönlich freue ich mich etwas mehr Zeit für meine Familie zu haben. Als sportliches Ziel möchte ich im nächsten Jahr die 90 Kilometer des Wasalaufs in Schweden unter die Langlaufskier nehmen. Nun habe ich ja etwas mehr Zeit für das Training – so hoffe ich.

 

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