Wieviel Quarz steckt in der Uhr?

21.07.22 11:19

Damit hochwertige Uhren immer auf der Höhe der Zeit bleiben, gibt ein winziger Quarzkristall den immer gleichen elektrischen Impuls an Miniaturzahnräder weiter. Diese drehen sich und greifen perfekt ineinander – über Jahrzehnte hinweg im exakt gleichen Takt. Möglich macht das die gleichbleibend zuverlässige Präzision bei der Uhrenherstellung. Und wer sorgt für diese Genauigkeit? Ebenfalls ein Quarzkristall! Wie das funktioniert, ist eine spannende Geschichte.

Uhr stil

Bei der hochpräzisen Produktion von Uhren muss ein Rädchen ins andere greifen (Bildquelle: © 2022 Kistler Group)

Für den Messtechnikexperten Kistler steht bei vielen Anwendungen ein ganz besonderes physikalisches Phänomen im Fokus: der piezoelektrische Effekt. In den Sensoren des Schweizer Unternehmens steckt ein winziger Quarzkristall, der selbst bei kleinsten äusseren Einflüssen eine winzige elektrische Ladung abgibt. Da deren Grösse proportional zu den ausgeübten Kräften ist, gibt sie Aufschluss selbst über kleinste und nur kurz auftretende Einflüsse. Die Quarzsensoren kommen in unterschiedlichen Produktionsschritten von Uhren zum Einsatz – von der Herstellung des Gehäuses über die winzigen gefrästen Einzelteile bis hin zur Montage.

Das Gehäuse in Form bringen

Die Titangehäuse moderner Luxusuhren sind längst nicht mehr aus einem einzigen massiven Metallblock gefräst. Das würde sie unnötig schwer und noch teurer machen. Letzteres liegt dabei gar nicht am Werkstoff, sondern an der Art der Herstellung: Mit modernen Spritzgussverfahren lassen sich in deutlich kürzerer Zeit deutlich mehr Gehäuse herstellen. Dazu spritzt eine Maschine eine Mischung aus Titanstaub und flüssigem Kunststoff in eine Form. Ist der Kunststoff fest, wird das Ergebnis – der sogenannte Gehäusegrünling – erhitzt; der Kunststoff verbrennt. Übrig bleibt der Metallstaub, der sich durch einen physikalischen Effekt zu einem stabilen Gehäuse verbindet.

Doch mit dieser Technik wird nicht automatisch alles einfacher: Sind die Formen nicht richtig gefüllt, können Hohlräume, sogenannte Lunker, entstehen und das Gehäuse unbrauchbar machen. Damit dies nicht passiert, überwachen Quarzsensoren, dass eine ausreichende Menge an Material in die Form gespritzt wird. Dabei messen sie genau auf den Druck, der beim Spritzvorgang erzeugt wird und melden zuverlässig Abweichungen zurück. Drohen diese die Qualität zu beeinträchtigen, wird der Prozess automatisch angepasst.

Zahnräder fräsen: Neue Vorgaben erfordern smarte Prozesse

Blei war lange ein wichtiger Materialbestandteil für die Herstellung von gefrästen oder gedrehten Kleinteilen. Das Schwermetall hatte dabei mehrere wichtige Funktionen. Während des Zerspanungsprozesses schmolz das Blei in der Legierung und fungierte als Schmierstoff. Gleichzeitig sorgte es dafür, dass Späne optimal abbrachen. Nicht zuletzt machte es den Werkstoff weicher – der Fräser konnte durch den Stahl gleiten, wie ein Messer durch Butter.

Blei ist allerdings giftig und soll in Zukunft bei der industriellen Produktion von Uhren ausgeschlossen werden. Das stellt Uhrenhersteller vor ein Problem: Ohne Blei verschleissen die Werkzeuge schneller, die Späne brechen nicht mehr optimal und es ist deutlich mehr Kraftaufwand nötig, um das Material zu bearbeiten. Bei zu viel Kraft besteht allerdings die Gefahr, dass sich Werkstück und Werkzeug verformen – es gilt die optimale Balance zu finden. Auch hier helfen wieder Quarzkristalle, die in Sensoren eingebaut sind. Diese messen die Kräfte, die beim Zerspanungsprozess entstehen und nehmen selbst die allerkleinsten Abweichungen vom optimalen Prozess wahr. Dank ihnen ist es den Entwicklern möglich, unterschiedliche Faktoren im Prozess unter die Lupe zu nehmen und auch ohne Blei zu einem erfolgreichen Produktionsprozess zu finden.

Uhrenmontage: Die passenden Teile finden

Damit eine hochwertige Uhr über Generationen hinweg ihre Präzision beibehält, bestehen die Einzelteile aus besonders robusten Materialien. Die Lager für die Wellen in der Uhr beispielsweise werden aus Rubinen gefertigt. Doch auch das härteste Material nutzt ab. Dies lässt sich dank einer physikalischen Besonderheit verhindern: Besteht zwischen Welle und Lager ein minimales Spiel – etwa ein Hundertstel der Dicke eines menschlichen Haares – schwebt die Welle in Ihrem Lager. So kann nichts abnutzen.

Mit exakt gefertigten Teilen allein ist eine solche Präzision jedoch nicht zu schaffen. Denn wenn das Rubinlager eingepresst wird, verformt der Druck, mit dem das geschieht, den Edelstein. Deshalb messen Kistler Sensoren diesen Druck bei der Montage und daraus wird die exakte Verformung im Voraus bestimmbar. Doch damit nicht genug: Aus einer Reihe minimalst unterschiedlich dicker Wellen wählt der Uhrmacher anschliessend diejenige aus, die in ihrer Variation optimal zur Verformung des Rubins passt.

Dass die Uhrzeit bei der Luxusarmbanduhr immer stimmt, liegt also nicht nur an den Quarzen, die in der Uhr verbaut sind, sondern auch an den Quarzkristallen, die an ihrem Herstellungsprozess beteiligt waren. Die sprichwörtliche Genauigkeit der Schweizer Uhren ist und bleibt auch mit modernsten Produktionsmethoden eine Herausforderung für sich.

Medienkontakt
Cara-Isabell Märcklin
Externe Kommunikation
Telefon +41 52 2241 292
cara-isabell.maercklin@kistler.com

Über die Kistler Gruppe
Kistler ist Weltmarktführer für dynamische Messtechnik zur Erfassung von Druck, Kraft, Drehmoment und Beschleunigung. Spitzentechnologien bilden die Basis der modularen Lösungen von Kistler. Als erfahrener Entwicklungspartner ermöglicht Kistler seinen Kunden in Industrie und Wissenschaft, Produkte und Prozesse zu optimieren und nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Das inhabergeführte Schweizer Unternehmen prägt durch seine einzigartige Sensortechnologie zukünftige Innovationen in der Automobilentwicklung und Industrieautomation sowie zahlreichen aufstrebenden Branchen. Mit einem breiten Anwendungswissen und der absoluten Verpflichtung zu Qualität leistet Kistler einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung aktueller Megatrends. Dazu gehören Themen wie elektrifizierte Antriebstechnologie, autonomes Fahren, Emissionsreduktion und Industrie 4.0. Rund 2000 Mitarbeitende an über 60 Standorten weltweit widmen sich der Entwicklung neuer Lösungen und bieten anwendungsspezifische Services vor Ort. Seit der Gründung 1959 wächst die Kistler Gruppe gemeinsam mit ihren Kunden und erzielte 2021 einen Umsatz von CHF 411 Millionen. Rund 7 % davon fliessen zurück in Forschung und Technologie – und damit in bessere Ergebnisse für alle Kunden.

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