Erkenntnisse der Swiss Managers Survey 2025

08.07.25 09:00

Schweizer Manager:innen justieren ihren geopolitischen Kompass neu. Die Stimmung gegenüber den Vereinigten Staaten hat sich deutlich abgekühlt, während sich die Einschätzungen z.B. zur EU verbessert. Dieser Perspektivenwechsel schlägt sich bereits in konkreten Entscheidungen nieder: Eine beachtliche Zahl von Unternehmen berichtet, dass sie begonnen haben oder aktiv prüfen, ihre Abhängigkeit von den USA zu reduzieren. Diese Entwicklung betrifft nicht nur den Warenhandel, sondern zunehmend auch Dienstleistungen. Jedes vierte Schweizer Unternehmen erwägt derzeit, seine Abhängigkeit von US-amerikanischer Software und Cloud-Diensten zu verringern. Angesichts steigender Zölle und geopolitischer Unsicherheit setzen Schweizer Manager:innen zunehmend auf internationale Diversifikation. Gleichzeitig lehnen sie protektionistische Gegenreaktionen ab, auch wenn sie die wirtschaftlichen Schäden durch die aktuellen US-Massnahmen deutlich wahrnehmen. Dies zeigt die aktuelle Swiss Managers Survey.

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Stimmung gegenüber den USA deutlich negativer, stärkere Offenheit gegenüber der EU, stabile Haltung zu China
Schweizer Manager:innen stehen den Vereinigten Staaten zunehmend kritisch gegenüber, während  sich ihre Sicht auf andere Wirtschaftsräume verbessert. Fast zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) geben an, dass sich ihre persönliche Einschätzung der USA im vergangenen Jahr verschlechtert hat – jeweils rund ein Drittel beschreibt sie als „deutlich ungünstiger“ bzw. „etwas ungünstiger“. Weniger als zwei Prozent berichten von einer Verbesserung.

Im Gegensatz dazu verbessert sich das Bild zur Europäischen Union: Rund 38 Prozent der Manager:innen sehen die EU heute positiver (12 Prozent „deutlich positiver“, 26 Prozent „etwas positiver“), während 18 Prozent eine Verschlechterung feststellen. Die Haltung gegenüber China bleibt nahezu stabil: 26 Prozent sehen das Land positiver, 23 Prozent Network Partners negativer, der Rest unverändert. Die deutlichste positive Dynamik zeigt sich bei Südostasien: 38 Prozent bewerten die Region positiver, weniger als 10 Prozent negativer.

Zusammenfassend wird klar: Schweizer Manager:innen verlieren zunehmend das Vertrauen in die geopolitische und handelspolitische Verlässlichkeit der USA, sehen aber Chancen in einer stärkeren Öffnung gegenüber Europa und den wachstumsstarken Märkten Asiens. Die Kombination aus moderater positiver Bewegung bei China, ausgeprägter Öffnung gegenüber Südostasien und wachsendem Interesse an der EU deutet auf eine klare Diversifikationsstrategie hin.

Handelskonflikte treffen Schweizer Unternehmen bereits spürbar
Die grosse Mehrheit der Schweizer Manager:innen berichtet, dass die jüngsten US-Zölle sowie die allgemein zunehmenden geopolitischen Spannungen der Schweizer Wirtschaft bereits schaden. Laut Umfrage beschreiben knapp 70 Prozent der Befragten die Auswirkungen als „eher negativ“ oder „sehr negativ“. Lediglich 3 Prozent sehen einen „eher positiven“ Effekt, niemand einen „sehr positiven“.

Diese Zahlen unterstreichen das ausgeprägte Bewusstsein für die Verletzlichkeit der offenen, exportorientierten Schweizer Volkswirtschaft angesichts eskalierender globaler Handelskonflikte.

Unternehmen bereiten sich gezielt auf anhaltende Spannungen vor
Ein relevanter Anteil von Schweizer Unternehmen hat begonnen, sich wirtschaftlich von den USA zu entkoppeln. Auffallend ist: Manager:innen reagieren nicht nur mit dem Rückzug aus dem physischen Warenhandel, sondern blicken zunehmend kritisch auf ihre technologische Abhängigkeit. Rund 5 Prozent der Unternehmen haben ihre Abhängigkeit von USamerikanischer Software und Cloud-Infrastruktur bereits reduziert, weitere 20 Prozent erwägen diesen Schritt – der höchste Wert unter allen abgefragten Massnahmen. Weitere 23 Pozent der Befragten berichten, dass sie entweder bereits neue Exportmärkte ausserhalb der USA erschliessen oder entsprechende Schritte konkret vorbereiten. Auch wenn die meisten Firmen derzeit keine grossflächigen Umstrukturierungen vornehmen, zeigen die Daten eine klare Tendenz zur vorsorglichen Neuaufstellung.

Schweizer Manager:innen lehnen Vergeltungszölle ab
Trotz wachsender Besorgnis über die US-Handelspolitik und der deutlich kritischer gewordenen Haltung gegenüber den Vereinigten Staaten sprechen sich Schweizer Manager:innen klar gegen Gegenzölle aus. Auf die Frage, ob die Schweiz bei neuen US-Zöllen mit eigenen Zollmassnahmen reagieren sollte, antwortete eine deutliche Mehrheit ablehnend.

Konkret lehnen 24 Prozent der Befragten Vergeltungszölle „voll und ganz“ ab, 29 Prozent „eher“ – damit sind über die Hälfte dagegen. Demgegenüber stimmen nur 12 Prozent „voll und ganz“ und 17 Prozent „eher“ zu; rund 20 Prozent bleiben neutral.

Diese Ergebnisse zeigen: Schweizer Manager:innen halten weiterhin am Grundprinzip des freien, regelbasierten Welthandels fest. Auch wenn sie sich strategisch auf veränderte globale Rahmenbedingungen vorbereiten, besteht wenig Bereitschaft, durch politische Gegenmassnahmen eine Eskalation zu riskieren oder den Ruf der Schweiz als stabile und verlässliche Wirtschaftspartnerin zu gefährden.


>>>>Link zu den detaillierten Ergebnissen der Studie


Kontakt
Prof. Dr. Florian Keller, Head Center for Geopolitics and Competitiveness,
ZHAW School of Management and Law, Telefon +41 79 592 37 16
E-Mail florian.keller@zhaw.ch

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