Digitalisierungspotenzial im Schweizer Gesundheitswesen aufzeigen

19.10.23 11:10

Um die Digitalisierung des Gesundheitswesens in der Schweiz voranzutreiben, müssen der Nutzen und die Möglichkeiten für alle Beteiligten noch besser aufgezeigt werden. Das verdeutlicht der aktuelle Digital Health Report der ZHAW. Dabei spielen auch Ängste der Gesellschaft und deren Bewältigung eine Rolle. 

top view of Medicine doctor hand working with modern computer and smart phone on wooden desk as medical concept

Seit 2020 ist das Elektronische Patientendossier (EPD) in der Schweiz verfügbar, doch gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) nutzen lediglich 0,2 Prozent der Schweizer Bevölkerung dieses Angebot. «Es stehen viele Ängste im Raum beim Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen. Zum Beispiel die Furcht vor Überwachung oder Datenmissbrauch», ordnet ZHAW-Gesundheitsökonom Alfred Angerer ein. Man müsse diese Bedenken ernst nehmen, aber den Fokus der Öffentlichkeit zunehmend auf den immensen Nutzen der Digitalisierung im Gesundheitswesen legen. Im soeben erschienenen Digital Health Report 2023/2024 zeigen deshalb die ZHAW-Forschenden in Zusammenarbeit mit Accenture, der CSS und der Post CH Lösungswege auf.

Nutzen für Patient:innen aufzeigen
Gemäss dem Digital Health Report können zahlreiche Faktoren die Akzeptanz der Digitalisierung im Gesundheitswesen positiv beeinflussen. Dazu gehören eine hohe Benutzerfreundlichkeit sowie die persönliche Einstellung und Fähigkeiten der einzelnen Anwender:innen wie Vertrautheit mit digitalen Anwendungen oder Technikaffinität. «Ein Schritt in Richtung Digitalisierung würde für die Patient:innen eine enorme Qualitäts- und Zeitersparnis bedeuten. Zum Beispiel wären Gesundheitsdaten viel schneller verfügbar. Dadurch wissen die Fachpersonen genau über bisherige Behandlungen und verabreichte Medikamente Bescheid, gefährliche Wechselwirkungen werden dann automatisch erkannt», erklärt Angerer. Durch die qualitativ hochwertigere und effizientere Betreuung können die Kosten für die Patient:innen reduziert werden, was in der heutigen Zeit von stetigem Prämienanstieg ein gewichtiger Faktor sein sollte, führt der ZHAW-Forscher weiter aus.

Zeitersparnis und Fokus auf das Kerngeschäft
Verschiedene Interviews mit Fachpersonen aus der Praxis bestätigen auch den Nutzen für die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen. So können viele der heute stressigen Arbeitssituationen dank Digital Health-Lösungen verbessert werden. Gut designte Lösungen reduzieren die administrative Last, die Kommunikation in- und ausserhalb der Organisationen wird einfacher und transparenter und somit die Zusammenarbeit erleichtert. Die gewonnene Zeit kommt dem eigentlichen Berufsinhalt zugute, nämlich der Betreuung der Patient:innen. «Damit diese Transformation jedoch gelingen kann, müssen die Lösungsanbieter die Bedürfnisse der Mitarbeitenden genau kennen und noch stärker auf eine nahtlose Integration der digitalen Lösungen in den klinischen Alltag achten», gibt Angerer zu bedenken.

Technische Lösungen bereits vorhanden
Trotz dem klaren Nutzen eines digitalen Gesundheitssystems hinkt die Schweiz im internationalen Vergleich gemäss ZHAW-Forscherin Sina Berger noch immer weit hinterher. «Das Bemerkenswerteste ist hierbei, dass alle nötigen technischen Komponenten bereits vorhanden sind. Es gibt zahlreiche Unternehmen, die diese Probleme mit technischen Applikationen bereits gelöst haben». Die Gründe, dass diese Lösungen noch nicht in der Gesellschaft Einzug gehalten haben, seien zum einen die vorhandenen Ängste und zum anderen die fehlende Aufklärung. «Mit dem aktuellen Digital Health Report wollen wir Mut machen, mehr Digitalisierung zu wagen. Wir müssen diese Veränderung wollen, um den maximalen Mehrwert zu erreichen», so Bergers Schlussfolgerung.

Langfristig denken
Dem hohen Mehrwert der digitalen Transformation steht ein damit verbundener Aufwand gegenüber. Spitäler, Arztpraxen und Bürger:innen müssen laut Alfred Angerer Zeit und finanzielle Mittel investieren, um den Wechsel von der analogen in die digitale Welt zu vollziehen. «Wir sind uns dieses Aufwands bewusst, aber wir müssen unbedingt langfristig denken. Denn blickt man über die einmalige Investition hinaus, bringt uns allen die Digitalisierung eine grosse Zeitersparnis, verringert menschliches Leid durch bessere Qualität und hilft bei den wachsenden Kosten».

Kontakt
Alfred Angerer, Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie, ZHAW School of Management and Law,  E-Mail alfred.angerer@zhaw.ch
Valerie Hosp, Kommunikation, ZHAW School of Management and Law, E-Mail valerie.hosp@zhaw.ch

 

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