Finanzen in Winterthur

19.10.23 16:34

Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat das Ziel, steuerlich attraktiv zu sein und durch eine weitere Senkung der Gewinnsteuern die Attraktivität des Kantons für Unternehmen zu erhalten (RRZ9). Ihm ist nicht entgangen, dass wichtige Steuerzahler zusehends in andere Kantone oder ins Ausland abwandern. Vor diesem Hintergrund plant der Regierungsrat eine moderate Steuersenkung durch Reduktion der Gewinnnsteuern für Unternehmen von 7% auf 6%. Im Gegenzug soll die Teilbesteuerung von Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen von 50% auf 60% erhöht werden. Beide Massnahmen sind Umsetzungsschritte aus der Steuervorlage 17.

PWCs Tax Comparison 2023

Quelle: PWC's Tax Comparison Report 2023

Mit Stadtratsbeschluss vom 13. September 2023 lamentiert der Stadtrat und beklagt mögliche Steuerausfälle im optimistischen Fall von CHF 7 Mio., was 2 Steuerprozenten entspräche. Er mutmasst, diese mit kommunalen Steuererhöhungen kompensieren zu wollen. Er fügt an, dass dies allerdings der kantonalen Steuervorlage widersprechen würde. ‘Aufgrund der grossen Unsicherheit bezüglich der Höhe der Steuerausfälle und den einschneidenden Auswirkungen in den weniger optimistischen Szenarien kann der Stadtrat Winterthur dem zweiten Schritt der Steuergesetzanpassung heute nicht mehr zustimmen. Der Stadtrat Winterthur ersucht demgemäss den Regierungsrat des Kantons Zürich, von der zweiten Senkung des Gewinnsteuersatzes Abstand zu nehmen.’

 Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Kanton in einigen Bereichen über Kosten entscheidet, welche wenigstens teilweise von den Gemeinden zu berappen sind (Bsp. Lehrerlöhne). Der Kanton sollte weniger solche Entscheide treffen und den Gemeinden weniger Vorgaben machen oder diese dann auch finanzieren. Zielführender wäre ein städtisches Engagement in diesen Bereichen, anstatt über potentielle Steuerausfälle zu hadern, welche anfallen bzw. anfallen können, da es ausserkantonal schlicht attraktivere Kantone oder Standortgemeinden gibt.

Die Stadt Winterthur plant Jahr für Jahr höhere Kosten und stellt immer mehr Personal ein. Dass sich Rahmenbedingungen in einem dynamischen und sich verschlechternden wirtschaftlichen Umfeld (negativ) verändern, ist eine Konstante, mit der sich jeder Unternehmer in seinem Alltag auseinandersetzen muss. Wenn eine Ertragskomponente wegzubrechen droht, behilft sich der Unternehmer des Verzichts, Kostenkontrolle und Priorisierungen. Im städtischen Budgetentwurf ist wie in den letzten Jahren üblich nichts dergleichen erkennbar.

Aufgrund der aktuellen politischen Mehrheiten in Winterthur hat die Politik und damit auch der Stadtrat ein Wahrnehmungsproblem. Viele Projekte sind nicht finanzierbar und damit reines Wunschdenken. Die Energie- und Verkehrspolitik sind verfehlt und auch eine strategische Finanzplanung ist nicht erkennbar. Von einer notwendigen Sanierung der Stadtfinanzen, um sich Handlungsspielraum für Projekte selber zu erarbeiten, spricht leider niemand. Dafür hadert man mit den sich verändernden Rahmenbedingungen.

Zurück zu den Unternehmensteuern: Es ist bekannt, dass in Winterthur ein ausgeprägtes Ungleichgewicht besteht zwischen dem Steuerertrag natürlicher Personen und den juristischen Personen. Letzterer liegt nach aktueller Planung für 2024 unter 16% am gesamten Fiskalertrag. Die Stadt ist sich dessen bewusst und äusserte z.B. im Rahmen der Richtplandiskussionen das Ziel, 30'000 Arbeitsplätze ansiedeln zu wollen. Wie sie das erreichen will und was notwenige Rahmenbedingungen sein sollen, wird indes nicht klar.

Es fragt sich, was das Stadtparlament in der Budgetdiskussion erreichen kann und auch wie lange die Bevölkerung diesem Lamento noch zusehen will.

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