Psychische Erkrankungen fordern mehr Aufmerksamkeit

06.06.25 17:12


Psychische Erkrankungen nehmen zu und erfordern mehr Aufmerksamkeit. Dies ist die Essenz einer Studie des Amts für Wirtschaft der Zürcher Volkswirtschaftsdirektion. In den letzten Jahren sind gesundheitsbedingte Absenzen infolge von psychischen Erkrankungen gestiegen. Dadurch entstehen der Zürcher Wirtschaft Kosten von über 2 Milliarden Franken. Mit dem Pilotprojekt Fachstelle Betrieblicher Gesundheitsschutz sensibilisiert der Kanton Zürich die Betriebe bezüglich psychosozialer Risiken und Gesundheitsschutz.Good Health direction sign on sky background-1

Der wirtschaftliche Wohlstand des Kantons Zürich ist eng mit der Gesundheit seiner Bevölkerung verknüpft. Eine wachsende Wirtschaft geht in der Regel einher mit einer besseren Gesundheit. Dies trifft auch auf den Kanton Zürich zu, wie die jüngste Ausgabe des Zürcher Wirtschaftsmonitorings des Amts für Wirtschaft zeigt. Das reale BIP pro Kopf stieg seit 1990 um 22 Prozent, gleichzeitig nahm die Lebenserwartung um 9 Prozent zu, und dank medizinischer sowie technischer Fortschritte sank die Sterblichkeit durch Krankheiten wie Krebs deutlich. Auch die Zahl der Arbeitsunfälle ist seit Anfang der 1980-er Jahre um über 40 Prozent gesunken.

Weil die Zürcherinnen und Zürcher nicht nur länger leben, sondern auch länger gesund bleiben, können immer mehr über das Rentenalter hinaus arbeiten. Die Erwerbsquote der über 65-Jährigen lag 2010 in der Schweiz bei 9 Prozent und 2024 bereits bei 12 Prozent. «Vieles in der Schnittmenge von Arbeit und Gesundheit hat sich verbessert. Arbeitsstellen sind abwechslungsreicher geworden, Routine-Tätigkeiten haben abgenommen. Gleichzeitig ist der Arbeitsplatz sicherer geworden. So überrascht es nicht, dass gemäss Gesundheitsbefragung 8 von 10 Zürcherinnen und Zürcher zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer beruflichen Situation sind», konstatiert Luc Zobrist, Leiter Bereich Volkswirtschaft im Amt für Wirtschaft.

Produktionsverluste von über 2 Mia. Franken

Es gibt aber auch weniger erfreuliche Entwicklungen. Die Zahl der gesundheitsbedingten Absenzen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Fehlte eine vollzeitbeschäftigte Person im Jahr 2010 im Durchschnitt noch 6,1 Tage pro Jahr, waren es 2024 bereits 8,0 Tage.

Die Zunahme dürfte verschiedene Gründe haben. Erstens hat die Pandemie zu einer Verhaltensänderung geführt. Kurze Absenzen haben im Vergleich zu vor der Pandemie zugenommen. Zweitens: Weil die Menschen länger gesund bleiben, können sie länger arbeiten und fallen im Alter auch weniger oft aus. Wenn sie aber ausfallen, dann dauert die Absenz meist länger. Drittens dürfte die Zunahme von psychischen Erkrankungen eine Rolle spielen, besonders bei jungen Menschen. Studien zeigen, dass in der Schweiz eine Mehrheit aller psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeiten durch Konflikte am Arbeitsplatz ausgelöst werden, die Ursachen für die psychische Belastung sind jedoch häufig multifaktoriell und widerspiegeln häufig gesellschaftliche Entwicklungen. Aus psychischen Gründen Krankgeschriebene weisen eine lange Absenzendauer auf. Im Kanton Zürich wird aktuell mehr als jede zweite IV-Neurente (58 Prozent) aufgrund einer psychischen Erkrankung zugesprochen.

Die Zunahme der gesundheitsbedingten Absenzen bedeutet nicht nur Leid für die Betroffenen und Angehörigen, dadurch entstehen auch Kosten für die Zürcher Wirtschaft von mehr als 2 Milliarden Franken pro Jahr in Form von Produktionsverlusten. Sie führen zu einem Wohlstandsverlust und im schlechtesten Fall zu einem dauerhaften Verlust an Know-how und Humankapital.

Vollzugsschwerpunkte der Arbeitsinspektorate anpassen

Der Kanton Zürich hat ein grosses Interesse an gesunden Mitarbeitenden, nicht zuletzt auch in Anbetracht der demografischen Entwicklung und des damit verbundenen Arbeitskräftemangels, der sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen dürfte. Ein Gesundheitsschutz, welcher auch die zunehmende Bedeutung der psychischen Gesundheit berücksichtigt, sorgt für gute Arbeitsbedingungen, aber auch für den Erfolg eines Unternehmens.

Bislang sind die kantonalen Arbeitsinspektorate mehrheitlich im Bereich des Unfallversicherungsgesetzes tätig, das Vorschriften zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten enthält. Sie setzen damit den vom Bund vorgegebenen und finanzierten Leistungsauftrag durch. Zusätzliche Leistungen im Bereich des Gesundheitsschutzes müssen von den Kantonen selbst finanziert werden. Für Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh ist ein Umdenken nötig: «Der einseitige Fokus entspricht nicht mehr der heutigen Arbeitswelt. Der psychische Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden ist ein volkswirtschaftlich relevantes Thema und sollte auch bei den Arbeitskontrollen verstärkt im Fokus stehen. Unser Ziel ist es, auch beim Bund eine Transformation anzustossen, damit der Fokus der Kontrollen und entsprechend die Finanzierung schweizweit angepasst werden.»

Der Kanton Zürich hat deshalb vor zwei Jahren auf eigene Kosten ein Pilotprojekt gestartet. Die Fachstelle Betrieblicher Gesundheitsschutz richtet den Fokus auf die psychosozialen Risiken in der Arbeitswelt, ist Anlaufstelle für Fragen von Unternehmen und ergänzt mit ihrer beratenden Funktion die Kontrolltätigkeit des Arbeitsinspektorats. Die Fachstelle stand von 2024 bis 2025 mit insgesamt 128 Betrieben in Kontakt und hat insgesamt 77 Beratungen durchgeführt. Besonders häufig wird die systematische Einführung von Gesundheitsschutzmassnahmen in betriebliche Abläufe nachgefragt. Die Anliegen der Unternehmen zeigen ein wachsendes Bewusstsein für psychische Belastungen und die Herausforderungen, die sich daraus im Arbeitsalltag ergeben.

Präsentation zur Medienkonferenz

Originalbeitrag: Medienmitteilung 3.6.25, Amt für Wirtschaft Kanton Zürich

 

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