Schuldensituation in Winterthur: Droht der Finanzkollaps?

02.02.22 17:39

Bereits 2018 schrieb der Landbote, dass die Verschuldung in Winterthur explodiert sei. Seither hat sich die Situation verschärft, denn die Pro-Kopf-Schulden sind weiter angestiegen und mittlerweile die höchsten im Kanton. Nun stehen die Wahlen bevor: Es ist allerhöchste Zeit, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten.

Confused business man trapped in a circular maze

Die Steuern in Winterthur für natürliche und juristische Personen gehören zu den höchsten im Kanton Zürich. Die Staatskasse sollte also prallgefüllt sein – doch weit gefehlt: Die Pro-Kopf-Schulden haben sich in den letzten 10 Jahren verdreifacht: von CHF 5’138.– im Jahr 2010 auf CHF 14’555.– im Jahr 2020. Diese Entwicklung ist beunruhigend und hat nichts mit einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu tun, vor allem wenn man sie mit anderen Gemeinden vergleicht: Im gesamten Kanton Zürich resultierte im gleichen Zeitraum ein moderates Plus von 9% und in der Stadt Zürich gingen die Pro-Kopf-Schulden sogar um 14% zurück (von CHF 13’757.– auf CHF 11’848.–).Abbildung 1: Der Schuldenanstieg von Winterthur gemessen am kantonalen Durchschnitt

Wie ist die Anhäufung der Winterthurer Schulden zu erklären? Die Entwicklung lasse sich nicht auf einzelne Faktoren zurückführen, meint Kaspar Bopp, SP-Stadtrat und Leiter Departement Finanzen. Ein wichtiger Aspekt sei allerdings, dass die Stadt Winterthur seit Jahren wachse – und deshalb viel in die Infrastruktur wie Strassen und Schulen investiert wurde. Doch im gleichen Zeitraum ist die Winterthurer Bevölkerung etwa gleich stark gewachsen wie im Kanton oder in der Stadt Zürich, ohne dass dabei massiv Schulden angehäuft wurden.

Wird das Problem der Überschuldung genügend ernst genommen? Finanzvorstand Bopp sagt dazu: «Die Verschuldung beschäftigt uns natürlich. Wir setzen alles daran, die Stadtfinanzen nachhaltig in ein Gleichgewicht zu bringen und arbeiten dazu an der Einführung wirksamer Steuerungsmassnahmen.» Bei der angesprochenen Entwicklung stellt sich durchaus die Frage, ob diese Bemühungen ausreichen. Eine bereits bestehende Steuerungsmassnahme wird zudem nicht angesprochen: Der eingeschlagene Kurs der links-grünen Mehrheit, die vermehrt auf Verbote als auf Eigenverantwortung setzt und so die Abgänge wichtiger Steuerzahler begünstigt hat. Schon heute lastet rund die Hälfte der Steuerbelastung auf den Schultern von nur einem Fünftel der Bevölkerung und die Steuerkraft droht weiter zu sinken. So fest, dass der Kanton Zürich 2021 zusätzliche 11 Millionen an Winterthur überwiesen hat, da die relative Steuerkraft der Stadt Winterthur im Vergleich zum kantonalen Durchschnitt weiter gesunken ist.

Um die Schulden abzubauen, wären in den kommenden Jahren deutliche Ertragsüberschüsse nötig. Ein Blick in den Finanz- und Aufgabenplan (FAP) der Jahre 2023 – 2025 zeigt jedoch, dass mit jährlichen Verlusten von rund 15 Millionen Franken gerechnet wird, was wiederum zu weiteren Schulden führen wird. Ausser Acht gelassen wird auch die Möglichkeit, einer Zinserhöhung: Das geliehene Geld ist eine Zeitbombe, die bei höheren Zinsen zu explodieren droht.

Müssen zukünftige Generationen bezahlen, was wir heute ausgeben? Die Winterthurer Bevölkerung hat mit den bevorstehenden Wahlen grossen Einfluss darauf, wie sich die Schuldensituation weiterentwickelt und ob Mehrheiten in Richtung nachhaltiger Finanzstabilität in Zukunft eher gefunden werden. Mit den richtigen Anreizen können die Trends, dass steuerkräftige Unternehmen weg- statt zuziehen und gut ausgebildete Zuzüger immer seltener werden, umgekehrt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik der Zukunft es schafft, die strukturellen Schwächen des Wirtschaftsstandorts auszugleichen.

Originalblog: Forum Winterthur «Red: ms»

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