Welche Arbeitgeber bezahlen noch Steuern?

06.01.22 18:15

Winterthur hat ein Problem. Die Steuereinnahmen sinken seit einigen Jahren kontinuierlich, obwohl immer mehr Personen in der Stadt arbeiten. Wie kann das sein? Ganz einfach: Betriebe, die Steuern zahlen, ziehen weg und werden durch solche ersetzt, die keinen Mehrwert besteuern müssen.

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Vor kurzem wurden die neusten Zahlen zur Beschäftigungssituation in Winterthur veröffentlicht. Auf den ersten Blick ist eine erfreuliche Entwicklung zu sehen: Zwischen 2018 und 2019 konnten fast 1000 neue Beschäftigte in Winterthur registriert werden. Untersucht man das Wachstum im Detail, fällt aber auf, dass ein Grossteil dieser Stellen in staatsnahen Betrieben geschaffen wurde, die (fast) keine Steuererträge abwerfen.

Wer bezahlt Steuern?

Die Unterscheidung zwischen privatwirtschaftlichen Unternehmen und staatsnahen Betrieben ist wesentlich. Staatsnahe Betriebe (öffentliche Verwaltung, Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen) arbeiten nicht gewinnorientiert und können dementsprechend nicht besteuert werden. Dies darf nicht als Argument gegen ein gut funktionierendes Gesundheits- und Sozialwesen verstanden werden, wovon die Allgemeinheit profitiert. Was es braucht, ist ein gesundes Verhältnis zwischen privatwirtschaftlichen Stellen, die der Stadt direkt und indirekt Einnahmen bescheren, und öffentlichen Institutionen, die praktisch keine Steuern zahlen.

Eine ungesunde Entwicklung

Wie auf dem Diagramm zu sehen ist, hat sich in den letzten Jahren eine ungesunde Entwicklung bemerkbar gemacht. Während die privatwirtschaftlichen Stellen jährlich nur knapp über 1% zugenommen haben, wuchsen die staatsnahen Stellen mehr als doppelt so schnell. Von den gut 2700 zusätzlichen Stellen in den letzten 5 Jahren wurden 1100 in staatsnahen Betrieben geschaffen – also 40%.

Dass es sich dabei nicht einfach um einen Trend handelt, der alle Städte und Gemeinden trifft, zeigt ein Blick auf den Finanzausgleich, welcher Winterthur vom Kanton erhält. Obwohl der Kanton Zürich mit einer sinkenden Steuerkraft für sich selbst rechnet, erhöht er die Zahlung an Winterthur um weitere 11 Millionen CHF, da die Steuerkraft der Stadt noch stärker sinkt. Diese Entwicklung ist gefährlich und sollte mit gezielten Massnahmen der Politik gestoppt werden.

Andere Prioritäten

Aktuell scheint die Unterstützung der Wirtschaft nicht zu den Prioritäten der linksdominierten Regierung zu gehören. In der neusten Umfrage von House of Winterthur gaben lediglich noch 77% der befragten Unternehmen an, zufrieden mit dem Standort Winterthur zu sein – dies nach 93% in 2020 und 91% in 2019. Andere privatwirtschaftliche Unternehmen ziehen hingegen einfach weg, wie bekannt geschehen bei Zimmer Biomet und Wärtsilä. Weitere Unternehmen machten dies, ohne Schlagzeilen zu generieren. Will Winterthur langfristig weiter zu einer der schweizweit attraktiven Arbeitsregionen gehören, muss die Politik zumindest anstreben, die Missstände zu beheben.

Dr. Ralph Peterli, Amiel Schriber
HAW Winterthur

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