Wertschöpfungsketten neu denken

07.10.20 19:08

Mit dem Auftreten des aggressiven Coronavirus und dem wiederholten Lockdown wird nicht bloss die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems getestet. Die Gesamtwirtschaft unterzieht sich mit den reduzierten Belegschaften, den staatlich verordneten Einschränkungen und den teilweise unterbrochenen Lieferketten einem Stresstest. Im Rahmen des Riskmanagements werden in Folge künftig neue Faktoren und Beurteilungsraster in die Überlegungen einfliessen müssen.

 
Orange Risk Management Button on Computer Keyboard. Business Concept.

Standorte haben spezifische Risiken

Der Handelskrieg zwischen China und den USA ist ein leider durchaus geeignetes Beispiel, um aufzuzeigen wie geopolitische Konstellationen und die Machtinteressen von Ländern Einfluss auf Produktion und Dienstleistungen an einzelnen Standorten nehmen. Die Stilllegung ganzer Provinzen und damit verbunden die Einschränkung in der industriellen Leistung betreffend aktuell zwar den Standort China überdurchschnittlich. Die Risiken aufgrund nicht vorhandener eigener Stromproduktion z.B. in Italien, die Risiken durch politisch motivierte Blockaden ausländischer Investitionen z.B. in Ungarn, die Abwertung der eigenen Währung aus patriotischer Exportorientierung oder auch drastische Einschränkungen von Dienstleistungsfreiheiten aufgrund familiärer Zwistigkeiten im Regierungsviertel von Singapore sind beachtlich. Und sie sind standortspezifisch und im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeiten globaler Unternehmen existentiell.

Verbindungen – virtuell und physisch – sind entscheidend

Viele Dienstleistungen wie Finanztransfers, Dokumentenerstellung oder Werbemassnahmen benötigen auch für international tätige Akteure keinerlei physische Verbindung von Standorten. Güter, Baugruppen und einzelne Teile jedoch werden vielfach für die Produktion lokal, regional und auch international spediert und müssen zeitgerecht am Bestimmungsort ankommen. Und obwohl die Risiken unterbrochener Verbindungen bei Lieferungen von Waren uns realistischer erscheinen, so können auch virtuelle Verbindungen aufgrund fehlender Stromverfügbarkeit, unterbundener Sendeleistung von Antennen oder dem Stilllegen von Rechenzentren blockiert sein. Verantwortungsbewusste Unternehmen sichern ihre Verbindungen mit alternativen Systemen, Kanälen und Transportwegen ab.

Redundante Systeme und mehrgleisige Optionen haben einen Preis

Der Verwaltungsrat hat im Rahmen seiner strategischen Aufgaben u.a. auch das Riskmanagement vorzunehmen und dessen Wirksamkeit zu beurteilen. Ebenso hat dieses Gremium die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen und ggf. im Rahmen des Budgets Anpassungen vorzunehmen. Die aktuellen Ereignisse führen uns vor Augen, dass Sicherheit auch firmenspezifisch ein Preisschild hat. Die relevanten Risiken sind heute standortspezifisch zu erheben und auszuweisen. Die Kosten für redundante Systeme und alternative Produktelieferungen oder Datensicherheiten sind als Gegenposition ebenfalls auszuweisen. Im Wissen um diese Grössen bei Risiken und Kosten werden unternehmerische Entscheide eine neue Qualität erlangen und verschiedene neue Einflussgrössen werden als externe Kosten monetarisiert. Standortmerkmale wie Sicherheit, politische und gesellschaftliche Stabilität sowie regionale Versorgung erlangen die Bedeutung, welche sie verdienen. Die für solche Überlegungen und Massnahmen notwendigen Kompetenzen sind im VR zu entwickeln oder als externe Dienstleistung im Rahmen eines begleiteten Prozesses zu beschaffen.

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Gastbeitrag:
Bruno Sauter
SAB Management Gmbh

 

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