Wie teuer ist das Wohnen in der Schweiz wirklich?

15.11.24 09:10

Die Sorge von erhöhten Wohnkosten ist in der Schweiz und in Winterthur gross. Auch in den Medien wird regelmässig über steigende Mieten berichtet. In der Stadt Winterthur wurde die «Wohnen für Alle» Initiative lanciert, über welche am 24. November abgestimmt wird. Doch ein Blick auf die Fakten zeigt, dass die Wohnsituation weniger besorgniserregend ist, als die Initianten vermuten lassen.

Quelle: Generiert mit HubSpot AI

In einem ersten Blog haben wir bereits erklärt, warum die vorgeschlagenen Massnahmen der «Wohnen für Alle» Initiativen nicht zielführend sind. Gemäss Sorgenbarometer bereiten die grössten Sorgen erhöhte Wohnkosten grosse und vor allem stark zunehmend Sorgen. Doch es stellt sich immer noch die Frage wie gravierend die Situation auf dem Wohnungsmarkt überhaupt ist. Zahlen des HEV Region Winterthur zeigen, dass dies in der nicht zwingend berechtig ist.

 

Entwicklung der Mietzinsen und Renditen

Im Gegensatz zum Sorgenbarometer, welches die Mietzinsentwicklungen als die zweitgrösste Sorge bezeichnet, zeigen die Fakten ein anderes Bild. In den letzten Jahren sind die Mietzinsen weniger stark gestiegen als andere Kosten, pro Jahr um rund ein Prozent. Bei bestehenden Mietverhältnissen wurden die Mietzinsen real sogar günstiger. Der Anteil der Mietzinsen am Einkommen ist seit Jahren stabil, wobei langjährige Mieter einen immer kleineren Teil vom Lohn für die Miete bezahlen müssen.

Die Hauptgründe für steigende Mieten liegen im Bevölkerungswachstum, dem rückläufigen Wohnungsbau und der Reduktion der Haushaltsgrösse. Eine Studie der Universität Fribourg ergab, dass ein Anstieg der ausländischen Bevölkerung um 1 Prozent die Neumieten um 8 Prozent erhöht. Aber auch Mietpreisregulierungen führen zu höheren Mietzinsen ausserhalb der regulierten Wohnungen. Kein Treiber für steigende Mietzinsen sind Ertragsoptimierungen bei Vermietern. Die Renditen bei Mehrfamilienhäusern gehen kontinuierlich zurück und die Schweiz hat im europäischen Vergleich die zweittiefsten Renditen.

 

Leerstandsziffer und Angebotsmietindex

Bei Leerstandsziffer und Angebotsmietindex werden jeweils nur ein kleiner Teil der verfügbaren Mietwohnungen betrachtet und aus diesem Grund bilden diese Werte die Realität nicht korrekt ab. In der Stadt Zürich gab es 25-mal mehr Wohnungswechsel als gemäss Leerwohnungsziffer zu erwarten war. Damit stellt sich die Frage, ob die Leerwohnungsziffer die richtige Kenngrösse ist, um den Mietwohnungsmarkt zu beurteilen und über die Formularpflicht beim Anfangsmietzins zu entscheiden. Ein verzerrtes Bild zeigt auch der Angebotsmietindex. In Zeiten von wenig freien Wohnungen wird für viele Mietwohnungen vom Mieter ein Nachmieter gestellt oder die Verwaltung nimmt jemanden aus der Warteliste. In diesen Fällen wird die Wohnung nicht ausgeschrieben. Weil für den Angebotsmietindex nur die ausgeschriebenen Wohnungen erfasst werden, und damit diejenigen, welche oft einen zu hohen Mietzins aufweisen, gibt der Angebotsmietindex ein falsches Bild vom Mietzinsniveau bei neu abgeschlossenen Mietverträgen

 

Bauland und Genossenschaften

Viele Städte wollen den Anteil der Genossenschaftswohnungen erhöhen und stellen Genossenschaften deswegen Bauland zu stark vergünstigen Konditionen zur Verfügung. Dank diesem vergünstigten Bauland reduzieren sich die Anlagekosten und Genossenschaftswohnungen können bis zu einem Viertel günstiger vermietet werden bei gleichbleibender Rendite. Genossenschaften können somit ihre Wohnungen auch dank vergünstigtem Bauland durchschnittlich 12 Prozent günstiger vermieten. Während der Mietdauer zeigt sich ein anderes Bild, dort gab es bei Genossenschaftswohnungen stärkere Mietzinserhöhungen als bei institutionellen oder privaten Vermietern.

 

Fazit

Die Sorge über erhöhte Wohnkosten sind nur teilweise berechtigt. In den vergangenen Jahren sind Mietzinsen durchschnittlich um rund ein Prozent gestiegen. Der Anteil der Mietzinsen am Einkommen liegt konstant zwischen 20 bis 21 Prozent, bei bestehenden Mietverhältnissen reduzierte sich der Mietzinsanteil. Trotz höheren Mieterträgen gingen die Renditen von Mehrfamilienhäusern zurück, und im europäischen Vergleich hat die Schweiz die zweittiefsten Renditen. Vor allem Untervermietungen verteuern die Mietzinsen, zudem verfügt der Untermieter über einen schlechteren Kündigungsschutz und wird häufig zum Abschluss eines befristeten Mietvertrags gezwungen. Während Anfangsmietzinse bei Genossenschaften dank vergünstigtem Bauland tiefer sind, erhöhen Genossenschaften die Mieten stärker als institutionelle oder private Vermieter. Die Theorie der Initianten, dass mehr Genossenschaftswohnungen den steigenden Wohnkosten entgegenwirken, ist also auf die Länge sehr zweifelhaft.

 

Mehr Infos und zahlen zum Wohnmarkt unter:

Fakten zu Mietwohnungen, Mietzinsen und Genossenschaften – HEV Region Winterthur

Weitere Gründe, weshalb die Initiative, aber auch die Gegenvorschläge abzulehnen sind.

 

 

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