Die erbarmungslose demografische Entwicklung

07.02.24 14:56

Die Zahl der Pensionierten wächst in den nächsten 10 Jahren um 26 Prozent; die Zahl der Erwerbstätigen nur um 2 Prozent. Diese negative demografische Entwicklung geht so weiter: Während heute 3 Erwerbstätige in der AHV eine Person im Ruhestand finanzieren, werden es in 30 Jahren nur noch 2 sein. Ein Ausbau der AHV steht dazu völlig quer und würde künftige Erwerbstätige noch mehr belasten.

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Am 3. März stimmt das Volk über zwei Vor­la­gen zur Al­ters­vor­sor­ge ab. Ein wich­ti­ger Fak­tor für die Be­ur­tei­lung der Aus­gangs­la­ge ist die Be­völ­ke­rungs­ent­wick­lung, wie sie in den Pro­gno­sen des Bun­des­am­tes für Sta­tis­tik (BFS) aus­ge­wie­sen wird. Das Re­fe­renz­sze­na­rio zeigt für die nächs­ten Jahre fol­gen­de Trends:

Die Zahl der Pen­sio­nier­ten (über 65-Jäh­ri­ge) in der Schweiz wächst in den nächs­ten 10 Jah­ren um 26 Pro­zent, in 20 Jah­ren um 41 Pro­zent und in 30 Jah­ren um 54 Pro­zent.

Die Zahl der Er­werbs­fä­hi­gen (20- bis 64-Jäh­ri­ge) in der Schweiz wächst in den nächs­ten 10 Jah­ren um 2 Pro­zent, in 20 Jah­ren um 5 Pro­zent und in 30 Jah­ren um 7 Pro­zent.

In ab­so­lu­ten Zah­len be­deu­tet dies bis 2054 im Ver­gleich zu heute eine Zu­nah­me der über 65-Jäh­ri­gen um 970'000 Per­so­nen bzw. eine Zu­nah­me der 20- bis 64-Jäh­ri­gen um knapp 400'000 Per­so­nen.

 

Ab­bil­dung 1: Ent­wick­lung der in­län­di­schen Be­völ­ke­rung (2024 = 100)

Diese ge­gen­läu­fi­ge Ent­wick­lung hat auch Ein­fluss auf das Um­la­ge­ver­hält­nis. Als die Al­ters- und Hin­ter­las­se­nen­ver­si­che­rung (AHV) 1948 ein­ge­führt wurde, be­trug das Ver­hält­nis zwi­schen den 20- bis 64-Jäh­ri­gen und den über 65-Jäh­ri­gen mehr als 6 zu 1. Heute liegt die­ses Ver­hält­nis bei etwas mehr als 3 zu 1 und wird bis in 30 Jah­ren auf etwa 2 zu 1 sin­ken. Bis 2054 wer­den also zwei Er­werbs­tä­ti­ge eine Per­son im Ru­he­stand fi­nan­zie­ren.

SCHWEI­ZER IM AUS­LAND KOM­MEN NOCH HINZU

Diese Zah­len sind be­ein­dru­ckend, zei­gen aber noch nicht das ganze Bild. Viele Men­schen ent­schei­den sich, ihren Ru­he­stand im Aus­land zu ver­brin­gen. Bei den über 65-Jäh­ri­gen ist daher eine Net­to­ab­wan­de­rung zu ver­zeich­nen. Im Re­fe­renz­sze­na­rio ku­mu­liert sich die Net­to­ab­wan­de­rung der über 65-Jäh­ri­gen bis in 10 Jah­ren auf 60.000 Per­so­nen. Bis in 20 Jah­ren, wenn die Aus­wan­de­rer von heute ihre Le­bens­er­war­tung er­reicht haben, steigt diese Zahl auf knapp 135.000 Per­so­nen. Die in­län­di­schen Be­völ­ke­rungs­zah­len spie­geln also nicht die Ge­samt­heit der Per­so­nen, die einen Ren­ten­an­spruch gel­tend ma­chen kön­nen. Zum oh­ne­hin be­ste­hen­den und stark stei­gen­den Fi­nan­zie­rungs­be­darf kom­men noch wach­sen­de Zah­lun­gen ins Aus­land hinzu, die eben­falls von der ar­bei­ten­den Be­völ­ke­rung im In­land ge­tra­gen wer­den müs­sen.

AUS­LÄN­DER IN DER SCHWEIZ FI­NAN­ZIE­REN MIT

An­ders stellt sich die Si­tua­ti­on bei den 20- bis 64-Jäh­ri­gen dar. Hier ist der Wan­de­rungs­sal­do po­si­tiv und er wird es ge­mäss dem Re­fe­renz­sze­na­rio auch blei­ben. Ohne diese Zu­wan­de­rung würde die Be­völ­ke­rung im er­werbs­fä­hi­gen Alter in der Schweiz sogar schrump­fen, wie eco­no­mie­su­is­se in einem Dos­sier­po­li­tik dar­ge­legt hat. Das Ver­hält­nis zwi­schen den 20- bis 64-Jäh­ri­gen und den über 65-Jäh­ri­gen würde sich ent­spre­chend noch be­sorg­nis­er­re­gen­der ent­wi­ckeln, als es so­wie­so schon der Fall ist. Die Zu­wan­de­rung hilft also mit, die Ren­ten der Pen­sio­nier­ten zu fi­nan­zie­ren.

AHV NOCH MEHR AUS DEM GLEICH­GE­WICHT BRIN­GEN?

Die de­mo­gra­fi­sche Ent­wick­lung ist ein ent­schei­den­der Fak­tor für die Sta­bi­li­tät eines Vor­sor­ge­werks, das wie die AHV im Um­la­ge­ver­fah­ren fi­nan­ziert ist. Das sich ab­zeich­nen­de Un­gleich­ge­wicht zwi­schen der ar­bei­ten­den Be­völ­ke­rung und den Per­so­nen im Ru­he­stand ver­langt be­reits heute Re­for­men. Hin­sicht­lich die­ser de­mo­gra­fi­schen Ent­wick­lung würde eine 13. Rente die AHV noch mehr aus den Fugen brin­gen. Es ist höchs­te Zeit, die De­mo­gra­fie im Vor­sor­ge­sys­tem end­lich zu be­rück­sich­ti­gen!

Originalbeitrag economiesuisse vom 26.1.2024

 

Stv. Vorsitzender der Geschäftsleitung, Bereichsleiter allgemeine Wirtschaftspolitik & Bildung / Chefökonom
Projektmitarbeiter allgemeine Wirtschaftspolitik & Bildung

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